Haftung bei ungeklärten Kettenunfällen

von tofast4you | am 2 Apr 2014

Der durch das Auffahren des hinteren Fahrzeugs auf den Vordermann verursachte Schaden kann bei einem Kettenauffahrunfall hälftig zu teilen sein, wenn der Ablauf der Zusammenstöße der beteiligten Fahrzeuge nicht mehr aufzuklären ist, so das Oberlandesgericht Hamm am 06.02.2014 entschieden, Az.: 6 U 101/13.

Zum Sachverhalt: Der von der Ehefrau des Klägers gelenkte Pkw war zusammen mit dem Pkw der Beklagten an einem Kettenauffahrunfall beteiligt. Dabei prallte die Beklagte mit ihrem Fahrzeug als letzte der an dem Unfall insgesamt beteiligten vier Fahrzeuge auf das vor ihr fahrende Fahrzeug des Klägers, welches zusätzlich durch eine Kollision mit dem ihm vorausfahrenden Fahrzeug auch einen Frontschaden erlitt. Nicht aufgeklärt werden konnte, ob die Ehefrau des Klägers unter Verkürzung des Bremswegs für die ihr folgende Beklagte zuerst auf das ihr vorausfahrende Fahrzeug aufgefahren war oder ob die Beklagte das klägerische Fahrzeug erst durch ihr Auffahren auf das vor dem klägerischen Pkw befindliche Fahrzeug aufgeschoben hatte.



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Das Oberlandesgericht hat dem Kläger in der zweiten Instanz nur 50% Schadensersatz zugesprochen. Der Kläger, so das OLG, könne sich nicht auf einen Beweis des ersten Anscheins für ein Verschulden der auffahrenden Beklagten berufen. Dass ein Verschulden der Beklagten die Betriebsgefahr ihres Fahrzeugs erhöht habe, stehe nicht fest. Zwar spreche bei gewöhnlichen Auffahrunfällen regelmäßig der Beweis des ersten Anscheins dafür, dass der Auffahrende mit einem zu geringen Sicherheitsabstand zum vorausfahrenden Fahrzeug gefahren sei oder zu spät reagiert habe. Dieser Beweis des ersten Anscheins sei bei Kettenauffahrunfällen wie dem vorliegenden aber nicht anzuwenden.

Der von dem Beweis des ersten Anscheins vorausgesetzte typische Geschehensablauf liege nicht vor, wenn nicht feststehe, ob das vorausfahrende Fahrzeug rechtzeitig hinter seinem Vordermann zum Stehen gekommen sei. In diesem Fall bestehe die Möglichkeit, dass der Vorausfahrende für den auffahrenden Verkehrsteilnehmer unvorhersehbar und ohne Ausschöpfung des Anhaltewegs ruckartig zum Stehen gekommen sei, in dem er seinerseits auf seinen Vordermann aufgefahren sei. Da auch ein Verschulden der Ehefrau des Klägers nicht feststehe, sei es gerechtfertigt, die Betriebsgefahr der Fahrzeuge der beiden Parteien gleich hoch zu bewerten und eine Haftungsteilung zu gleichen Teilen vorzunehmen.


Themen: Allgemein

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