Rookie Racing

von Kowalski | am 17 Sep 2016

Vier Uhr. Die Sonne pennt noch für zweieinhalb Stunden. Ich muss raus. Fahrerbesprechung um acht in Assen. Der Mustang wartet bereits in der Garage auf seinen Einsatz. Unbedarft, nichtsahnend. Wie denn auch? Die letzte Fahrt ging zum Kaffee bei Muttern.

Da steht der Poser, sauber, schwarz, schön, mit verchromten Zierleisten. Nicht unbedingt das richtige Outfit für die Rennstrecke. Viel weniger noch die Reifen, Pirelli PZero in der Mexikoausführung. Spielt jetzt alles keine Rolle. Mustang ist auch Racing und nicht nur Kaffeefahrt, denke ich, also los

Assen empfängt uns im Nebel liegend. Ich sehe kaum die Hinweisschilder zur Rennstrecke. Im Augenblick riecht hier noch nichts nach Boxengasse und Reifenabrieb. Außer dem Rasenmäher des nahen Campingplatzes vernehme ich auch keinerlei Motorengeräusche. Höchstbescheiden suche ich mir ein Plätzchen, in der hintersten Ecke auf dem Parkplatz des Welcome Centers, wo die endgültige Registrierung des DSK (Deutscher Sportwagenfahrer Kreis) läuft. Schnell noch meine 72 auf das Pony geklebt und runter ins Fahrerlager. Da stehen sie, Porsche GT3, GT3S, Lotus Elise, Corvette, Ferrari aber auch sehr sportlich getrimmte Golf, BMW3er, Focus RS und der RS500 meines Rennfreundes. Er ist eigentlich dafür verantwortlich, dass ich nun mit ganz wenig Gas zu meinem Platz rolle. Der einzige Mustang hier, das einzige Auto mit Zierleisten. „Fahr doch mal mit, ein paar Erfahrungen auf der Rennstrecke im Mustang sind hier in Europa nicht so verbreitete unter den Enthusiasten“. Stimmt und schon mal gar nicht mit einem Mustang ohne Tuning.

Noch bleibt mir ein Happen Zeit, so nehme einen tiefen Atemzug und starte erste Gehversuche auf dem Gelände um mich zu orientieren. Der RS500 muss vom Trailer, der Focus RS MKII unserer Nachbarn ebenfalls. Mein Mustang konnte sich also erst noch einmal in der aufkommenden Sonne ausruhen. Nachdem wir den RS500 entladen hatten, rief die Rennleitung zur Fahrerbesprechung. Mir war klar nun darauf angewiesen zu sein, dass vor allem die Profis den Spruch von Fairness gegenüber Anfängern verinnerlicht hatten. Der Mustang bekam von alledem nichts mit. Seine Entspannung wich auch erst als ich ihn über den Startknopf aus den Träumen riss.

Die Situation hat etwas von meinem ersten Schultag, damals in den sehr frühen siebzigern. Aufregung, Freude aber hatte auch eine Menge Respekt vor den älteren Schülern, in diesem Fall halt den Alten Hasen, die hier in Assen mit ihrer ganzen Erfahrung zuhause sind.

Aus der Boxengasse mit 60. Einfach. Für die erste Runde setzt sich ein Pacecar – BMW 3er, sah gefährlich aus – vor das Fahrerfeld, damit vor allem die Anfänger die Strecke kennenlernen können. Eine Runde reicht nicht um die Strecke zu verinnerlichen aber auf der zweiten Runde gibt es dann schon weniger Überraschungen. Ich taste mich langsam vor. Der Kurs ist keine fünf Kilometer lang. Meine Geschwindigkeit ist noch immer sehr angepasst. Schließlich gilt es zunächst einmal die Haftungsgrenze der Reifen zu testen. Das Fahrwerk des Mustangs gibt mir auch hier auf der Strecke klare Rückmeldungen. Sehr hilfreich bei der Auslotung was geht und wo ich besser Gas wegnehme. Kurze Zeit später tauchen die ersten Lichter der Porsches in meinem Rückspiegel auf. Jetzt schon? Kaum zu ende gedacht, in letzter Sekunde den Blinker aktiviert, schießt der Pulk an mir vorbei. Ich bin überrundet worden. Meine eigene Runde war noch gar nicht geschafft. Himmel muss ich langsam sein. Auf den Geraden werde ich mutig. Das echte Ausdrehen der Gänge eins bis drei ist ja im öffentlichen Straßenverkehr eher selten, sehr selten. Hier machen solche Aktionen richtig Spaß, das Auto bis in den Begrenzer zu prügeln und schnell 160 auf dem Tacho zu registrieren. Den vierten Gang auszufahren will mir nicht gelingen. Zu wenig Platz für einen Rookie. Vor den Kurven voll in die Bremsen. Das funktioniert ebenfalls sehr gut. Fading ist bei den Brembos kein Thema, selbst hartes Einbremsen wird klaglos überstanden. Das Performance Package hält stand, zumindest meinen sehr bescheidenen Anforderungen hier auf der Rennstrecke. Das Fahrwerk liegt sicher und selbst ein Ritt über die Curves wird sauber gebügelt. Wenn die Profis an mir vorbei sind, halte ich sogar meine Ideallinie. Links- Rechtskombinationen befahre ich immer sicherer und schneller, ebenso das volle Beschleunigen aus dem Kurvenscheitelpunkt heraus. Der Mustang macht sich gut, auch wenn mich die meisten Teilnehmer in den Kurven überholen können, so sehe ich in der Beschleunigung auf den geraden Teilstücken der Strecke erstaunlich gut aus. Gripp ist also durchaus vorhanden. Die Reifen übertragen hier bei Außentemperaturen um 25 Grad die Leistung absolut sauber auf die Strecke. In den Kurven verliere ich kaum die Haftung. Nach dem Ende des ersten Stints über 20 Minuten haben allerdings die Reifen doch sehr gelitten. Mir wird klar, dass volle sechs Stints á 20 Minuten die Reifen radieren würden. Damit wäre an eine Heimfahrt auf eigener Achse nicht mehr zu denken.

Rücken wir die Kosten in den Fokus. Das Startgeld als Mitglied des DSK ist mit 255 Euro (differiert je nach Rennstrecke) noch erträglich. Erster echter Kostenfaktor sind hier klar die Reifen. Selbst neue Reifen, beispielsweise Michelin SportCup2 (Semislicks) für den Mustang – Kostenpunkt ca. 1.200 Euro sind nach drei, vier Veranstaltungen je nach Strecke Geschichte. Es macht keinen Sinn hier zu sparen. Mit den Serien-Pirellis kann ich selbst mit ausreichend Übung nie so schnell und sauber fahren wie mit guten Semislicks. Das bedeutet, wenn man wirklich Spaß haben will und an seiner eigenen Performance arbeiten möchte, braucht es dafür die passenden Reifen.

Ganz persönliches Resumé: Es hat einen unglaublichen Spaß gemacht. Der Serienmustang ist jedoch nur sehr bedingt für die Rennstrecke tauglich, ernsthaft gefahren eigentlich gar nicht. Meine Mitfahrt in dem RS500 meines Racingfreundes offenbarte erhebliche Unterschiede in der Fahrdynamik und den Zeiten. Auf alten Reifen werde ich meinen Spaß sicher wiederholen. Wer weiß, vielleicht eines Tages in einem Focus RS, modifiziert für die Rennstrecke. Porsches ärgern. Sehr gerne.


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