Back to Bullitt

von Kowalski | am 3 Feb 2018

In den letzten Wochen war in der Mustang-Szene sicher kaum ein Thema fetter in den News als die Vorstellung des neuen 2018er Bullitt Mustang. Nicht nur Steve McQueen Fans waren völlig aus dem Häuschen. Ein ganz besonders Highlight war als die beiden Set-Autos des Films, welche plötzlich aus der Versenkung auftauchten und den Geist des beliebten McQueens um die Autos wehen ließ.

Lasst uns aber zuerst sehr gerne einen Blick auf die Entstehungsgeschichte des Kult-Films „Bullitt“ werfen.

Steve McQueen war 1968 ein vielbeachteter Schauspieler. Mit heutigen Augen betrachtet war McQueen alles was du dir heute aus Tom Cruise, George Clooney, Will Smith und Brad Pitt basteln könntest. Er war ein Actionstar, ein dramatischer Hauptdarsteller und ein Rennfahrer von Motorrädern und Autos. Er wurde oft in Zeitschriften als Sexsymbol beschrieben; Filmkritiker kategorisierten seinen Charakter gerne als den Anti-Helden.

McQueens Hauptrolle in der „Thomas Crown Affair“ – ein Gangsterfilm, der 14 Millionen Dollar einspielte (rund 100 Millionen Dollar in unserer heutigen Zeit) – brachte ihn in die Lage, sich seine folgenden Projekte aussuchen zu können. Seine Firma Solar Productions arbeitete mit Warner Bros. zusammen, um Robert L. Pikes Roman „Mute Witness“ zu einer Detektivgeschichte in San Francisco zu entwickeln. Das Herzstück des Films, der nach McQueens Figur, Frank Bullitt, “Bullitt” genannt wurde, war eine realistische Verfolgungsjagd durch die hügeligen Straßen der Stadt. McQueen wollte, dass sie das Publikum wie ein Schlag ins Herz traf. Das gelang, wie wir alle wissen.

Max Balchowsky, ein erfahrener Hollywood-Stunt-Autohersteller und Rennfahrer, modifizierte zwei Highland Green Mustang GT-Fastbacks und ein paar schwarze Dodge Chargers für die Verfolgung. Warum zwei von jedem Auto? Hollywood- und Fernsehproduktionen haben oft mehrere Versionen von Autos zur Hand, die in entscheidenden Szenen gefahren werden. In einigen Fällen sind die Autos für Stunt-Arbeiten bestimmt, wie in “Bullitt”. In anderen Fällen ist ein Zwilling als Star-Auto eine gute Versicherung, um im Falle eines Unfalls oder eines Fahrzeugschadens weiter filmen zu können. Jeder Mustang erhielt eine Reihe von Modifikationen im Bereich des Fahrwerks sowie ein gescheites Motortuning.

Die Mustang-Zwillinge trugen aufeinanderfolgende Fahrzeugidentifikationsnummern – 8R02S125558 und 8R02S125559. Jeder wurde von einem Ford S-Code 390 cd / 4-Barrel V-8 und 4-Gang-Getriebe angetrieben. Das Auto Nr. 559 galt als Nah- oder “Heldenauto” – das ist der Mustang, in dem man McQueen im Film deutlich sehen kann. Es war auch für die Tonaufnahmen mit Tonaufnahmegeräten ausgestattet, um realistische Auspuffgeräusche für den Soundtrack des Films zu liefern. McQueen bestand darauf, dass kein typischer Warner Soundgenerator für Motor- und Reifengeräusche eingesetzt wurde. Er wollte den Sound des Ford-V8.

Das Auto Nr. 558 hatte 1968 kein einfaches Leben. Es wurde gnadenlos während der Hill Jump-Sequenzen geschunden und erforderte ständige Reparaturen, da Teile unter der Belastung zerbrachen. Es wurden zum Beispiel auch sehr spezielle Halterungen an einem der Dodge Charger für eine Explosionsszene angebracht, wo die Mafia-Killer mit hoher Geschwindigkeit von der Straße in eine Tankstelle brettern.

“Bullitt” debütierte am 17. Oktober 1968, machte $ 42 Millionen (oder $ 300 Millionen nach heutiger Zeit), gewann einen Academy Award für Schnitt und zementierte McQueens “King of Cool” Status. Der Film schuf auch eine automobile Ikone in Form des brutal schnellen und stabilen Highland Green Mustang Fastback. Bis heute würde ich den 68er Mustang Fastback, nicht zuletzt wegen seines legendären Einsatzes in dem Streifen, als den König unter den Mustangs bezeichnen.

Also, was ist mit # 558 und # 559 passiert?

Der Stuntwagen, # 558, wurde 49 Jahre lang für gestorben gehalten. Es verließ das Set in einem sehr bedauerlichen Zustand und verschwand, unfähig, wieder auf kalifornischen Straßen legal gefahren zu werden. Gerüchte kamen und gingen, fünf Jahrzehnte lang, dass er seinen Einsatz doch überlebt habe, aber nichts von irgendeiner Substanz kam auf, bis Hugo Sanchez und Ralph Garcia Jr. eine Fahrgestellnummer durch den Marti Auto Works schoben, um mehr über die weiße, sonnengebackene Schale eines ’68 Fastback in Garcia Mexicali, Mexiko, zu erfahren. Sie hatten ihn von einem Schrottplatz in der Nähe von Cabo San Lucas auf der Baja-Halbinsel mit dem Ziel gekauft, es in eine “Gone in 60 Seconds” -Eleanor-Nachbildung umzubauen. Stellen Sie sich die Emotionen vor, die sie erlebt haben, als der Mustang-Historiker Kevin Marti sich persönlich für ihre Bitte interessierte! Marti Auto Works verwaltet eine von Ford lizenzierte Datenbank aller nordamerikanischen Ford-Fahrzeuge ab 1967. Marti-Berichte und Original-Ford-Rechnungen sind sehr authentisch, wenn einer etwas zur Historie deines Mustangs sagen kann, dann ist es Marti.

Im März 2017, nach einer persönlichen Inspektion, erklärte Marti das Auto für die Überreste von # 558. Der Max-Balchowsky-Motor und das Getriebe waren ausgebaut und nicht mehr auffindbar. Die großen Karosserieteile fehlten oder waren durchgerottet. Die Tränen unserer Helden ließen sich nur trocknen als sie andere ganz spezielle Umbauten entdeckten. Schock Tower Schweißnähte und Chassis Verstrebungen wie sie nur die beiden Film Autos hatten, waren der Schlüssel zum Nachweis seiner Identität. Sanchez und Garcia dachten trotz des gefundenen Schatzes nicht sofort an einen Verkauf, sondern wollten das Auto wieder funktionstüchtig auf die Straße bringen. Geld ist nicht alles für einen Mann.

Ähnlich einer klassischen Geschichte von Zwillingen, die bei der Geburt getrennt wurden, hatte es # 559 deutlich besser erwischt. Als “Bullitt” in die Kinos kam, war es schwer vorstellbar, Filmautos zu sammeln. Kaum ein Mensch dachte daran, dass Steve McQueen Memorabilien eines Tages einen Haufen Geld wert sein könnten. Heute wissen wir, dass die Persol-Sonnenbrille, die er in “The Thomas Crown Affair” trug, im Jahr 2006 auf einer Versteigerung 70.200 Dollar brachte. (ja, die Sonnenbrille!) Ein Jahr später wurde ein 63er Ferrari 250 GT aus seiner Sammlung für 2,31 Millionen Dollar verkauft. Sogar der Porsche 911S, den er besaß und den er zu Beginn von “Le Mans” für ein paar Minuten fuhr, ging 2011 für 1,4 Millionen Dollar an einen neuen Besitzer. So gab Warner Bros. # 559 eher aus Liebhaberei in der Reparaturwerkstatt Precision Auto Body am Hollywood Boulevard Reparaturarbeiten in Höhe von $ 920,16 in Auftrag. Für diesen Vorinflationsbetrag erhielt der Mustang einige Smart Repair, eine partielle Lackierung, mehrere Ersatzartikel wie eine Antenne und einen Spiegel auf der Fahrerseite und eine Stoßstangenbegradigung mit einer Neuverchromung.

Aus Aufzeichnungen geht dann hervor, dass ein Mitarbeiter Warners namens Robert M. Ross der glückliche Käufer des Mustangs war. Nachdem er Bullitt # 559 faste ein ganzes Jahr durch die Gegend geschaukelt hatte, trennte er sich von dem Auto. Ein New Jersey Polizeidetektiv namens Frank Marranca – richtig, ein Detektiv namens Frank – hörte von dem Auto, kaufte es und lies es per Bahn nach New Jersey transportieren. Marranca berichtete, dass der Mustang weniger als 9.000 Meilen auf der Uhr hatte, als er ihn am 4. Dezember 1970 vom Trailer rollte. Der Detektiv kümmerte sich vier Jahre lang aufopferungsvoll um Bullitt # 559 und erzählte jedem, der es wissen wollte, dass dieser 68er Mustang eine Hauptrolle in Bullitt hatte. Als Marrancas Frau (die bald seine Ex-Frau sein sollte – hatte ja auch keinen Zweck wegen der fehlenden Mustang-Liebe) einen neuen Kombi und eine Garage haben wollte, um ihn zu parken, musste das Bullitt-Auto gehen. Marranca platzierte eine Anzeige im Road & Track Magazin, erhielt aber nur eine einzige Anfrage. Bob Kiernan, der auch in New Jersey lebte, zahlte zwischen $ 3.200 und $ 6.000 (es gibt widersprüchliche Berichte) für # 559.

Kiernan und seine Frau fuhren das Auto fast täglich in den nächsten fünf oder sechs Jahren. “Es war wie ein normales Auto für uns”, sagte er mir einmal. Die Kiernaner hatten mehrere Deutsche Doggen, die oft auf den Rücksitzen des Mustangs transportiert wurden. Kiernans Frau war eine Grundschullehrerin, und # 559 – mit modifiziertem V-8, donnernder Auspuffanlage, war für eine Weile ihr Auto zur Schule. “Der Bullitt-Mustang machte sie zur coolsten Lehrerin aller Zeiten”, sagte kürzlich ihr Sohn Sean. 1980 brach dann leider die Kupplungspedalfeder, was dazu führte, dass Kiernan das Auto abstellte, bis er sich etwas Zeit nahm, es zu reparieren. Arbeit, Leben, Kinder, ein neues Interesse an echten Pferden (passiert offensichtlich einigen Mustang-Fahrern) und eine Million anderer Ablenkungen hielten Kiernan davon ab, den Mustang vor seinem Tod im Jahr 2014 zu reparieren. Er lagerte den Mustang zunächst in der Garage seines Vaters in New Jersey. Später dann ging es in eine Scheune in Kentucky, wo sein Luftfilter gestohlen wurde und Fotos ohne die Erlaubnis der Familie gemacht wurden. Von dort zog der Mustang in das Haus der Kiernans in Tennessee und blieb dort zunächst einmal versteckt, bis Sean Kiernan herausfand, dass sein Chef, Casey Wallace, (rein zufällig) ein Drehbuch mit einem Freund geschrieben hatte, der den Bullitt-Filmwagen involvierte. Als Kiernan gegenüber Wallace verriet, dass er das Auto besaß, überredete Wallace ihn, seinen Filmgeschäftsfreund Ken Horstmann über diese Tatsache zu informieren.

So zog Kiernan das Auto im Mai 2016 zu Horstmanns eigenem Studio in die Vorstadt von Atlanta, und lud Mustang-Autor John Clor, den enthusiastischen Kommunikationsmanager der Ford Performance ein, das Auto in Augenschein zu nehmen und ihn als Berater in seine Pläne zu involvieren.

Schon bald war klar, der Welt von der Existenz des Autos zu erzählen. Ford wollte zum 50. Jahrestag das original Auto der Presse vorstellen. In dieser Zeit tauchten auch wieder Gerüchte auf, es gäbe noch ein drittes Auto für die Filmaufnahmen damals. Am Set soll später noch ein 68er Mustang aufgetaucht sein. Als absolut seriös gilt aber heute, dass dieses Gerücht schlicht falsch ist. Für ein paar last-minute-Filmsequenzen wurde der bereits wieder weitgehend in seinen Originalzustand rückgebaute #559 noch einmal zurück ins Studio gebracht. Es mag sein, dass hier Leute vom Set an ein neues Auto dachten, was aber nicht der Fall war.

Nein, der dritte Mustang BULLITT, den von Ford in diesem Jahr der Öffentlichkeit vorgestellt wurde, ist der Ford Mustang BULLITT von 2019. Das “supercoole” Highland Green-Fließheck erinnert an das Original von 1968. Heute allerdings wieder mit Motor-, Federungs- und Brems-Upgrades gegenüber der Serie. Diesmal für das ganz private, persönliche Bullitt-Erlebnis. Heute zusätzlich mit Satellitennavigation, speziellen Fahrersitzen und dem MagneRide Federungssystem. Passend dazu wurde dieses Mustang BULLITT Sondermodell der dritten Generation während Detroits North American International Auto Show von Steve McQueens Enkelin Molly präsentiert. Ein fantastisches Auto, ein echter, purer Mustang und für viele wirkliche Fans, der wohl schönste seiner Art. Der S550 Bullitt halt.


Keine Kommentare

Du mußt eingeloggt sein um zu kommentieren.


Archiv