Haftung des Beifahrers wegen Nichtbeachtung von Verkehrsschildern?

von tofast4you | am 28 Aug 2014

Der Bei- oder Mitfahrer eines Kraftfahrzeuges ist grundsätzlich nicht verpflichtet, auf Verkehrsschilder zu achten. Nach einem Fahrerwechsel trifft ihn regelmäßig auch keine Pflicht, sich nach einem durch eine vorherige Beschilderung angeordnetem Überholverbot zu erkundigen. Das hat das Oberlandesgericht Hamm mit Beschluss vom 18.06.2014 entschieden (Az.:1 RBs 89/1)

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Im September 2013 fuhr der  Betroffene in einem von seiner Ehefrau gesteuerten Pkw mit. Auf einem Parkplatz übernahm der Betroffene das Steuer. Ungeachtet eines zuvor angeordneten Überholverbots überholte er einen weiteren Pkw. Das Amtsgericht verurteilte ihn wegen fahrlässiger Nichtbeachtung des Überholverbots zu einer Geldbuße von 87,50 Euro. Es erklärte, der Betroffene hätte sich bei Fahrtantritt bei seiner Ehefrau nach den geltenden Verkehrsregelungen erkundigen müssen, sodass ihm beim Außerachtlassen des angeordneten Überholverbots fahrlässiges Verhalten vorzuwerfen sei.

Das Oberlandesgericht Hamm hat das Urteil auf die Rechtsbeschwerde des Betroffenen aufgehoben und den Fall zur erneuten Verhandlung und Entscheidung an das Amtsgericht zurückverwiesen. Als Bei- oder Mitfahrer in dem von seiner Ehefrau gesteuerten Fahrzeug sei der Betroffene nicht verpflichtet gewesen, auf die Verkehrszeichen zu achten, da er zu diesem Zeitpunkt kein Verkehrsteilnehmer gewesen sei. Ein besonders gelagerter Fall, bei dem etwa ein Fahrzeughalter als Beifahrer sein Fahrzeug einer fahruntüchtigen Person überlassen habe und deswegen auch für dessen Fahrweise mitverantwortlich sei, liege nicht vor

Der Betroffene habe sich nach dem Fahrerwechsel auch nicht bei seiner Ehefrau nach etwaig bestehenden besonderen Verkehrsregelungen erkundigen müssen. Für eine solche Verpflichtung gebe es keine Rechtsgrundlage. Würde man eine solche verlangen, gebe es zudem keine Gewähr für die Richtigkeit einer erhaltenen Auskunft. Wenn diese falsch sei und den Fahrzeugführer exkulpieren könne, bestehe die Gefahr, dass er im Vertrauen auf die Auskunft die im Verkehr gewünschte gesteigerte Aufmerksamkeit vermissen lasse.

Das Amtsgericht sei daher gehalten, den Sachverhalt weiter aufzuklären. Auch wenn der Betroffene die das Überholverbot anordnende Beschilderung vor seinem Fahrtantritt am Tage der Tat nicht zur Kenntnis genommen habe, sei es möglich, dass er sie hätte kennen müssen, weil er die Straße zuvor schon häufiger oder gar regelmäßig befahren habe. Zu klären sei außerdem, ob die örtlichen Gegebenheiten das Vorhandensein eines durch Beschilderung angeordneten Überholverbots besonders nahe legten, auch hieraus könne sich ein fahrlässiges Verhalten des Betroffenen ergeben.

Auf die Idee, den Beifahrer in diesem Fall haften zu lassen, muss man erst kommen, Juristen eben!


Themen: Allgemein

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