Ich lese sehr gerne, Bücher, Fachzeitschriften und Zeitungen. In der Regel gedruckt, klar, Berufskrankheit und wenn Zeitungen, dann selbstverständlich den Autoteil. Sport, jedenfalls gerade jetzt zur Fussballweltmeisterschaft, wandert meist ungelesen in den Papierkorb. Es ging um Elektromobilität. Kurz, ein hochinteressantes Thema. Wie weit sind die Hersteller? Was kommt als nächstes in die Autohäuser – Pardon, ins Internet, und wie weit fährt man mittlerweile mit einer Stromladung? Was dabei auffällt sind hohe Systemleistungen von mehr als 400 PS, gut zwei Tonnen Gewicht und ein Preis von mehr als 80.000 Euro. Vernunft pur möchte man meinen, vor allem weil die Fuhre, im Zuge der Verkehrssicherheit, vom Hersteller bei 180 km/h ausgebremst wird. Wir nehmen also mit, schicke Stromer sind vergleichsweise teuer und wer mit 400 Kilometern Reichweite sicher rechnen will, dümpelt eher auf der LKW-Spur, anstatt die atemberaubende Höchstgeschwindigkeit häufiger zu nutzen oder auf 21 Grad im Winter aufzuheizen.
Power und Gewicht gibt es häufig im Überfluss und ist damit alleine schon weit entfernt von Vernunft und Nachhaltigkeit. Daneben auf der Seite dann die Ankündigung von vier neuen Stromern aus China. Immerhin mit Modellen in bezahlbaren Segmenten, wenn auch alle im augenblicklich schwer angesagten, messerscharfen Kantendesign. Überlassen wir vielleicht das weitere Anschieben unserer eMobilität weiterhin eher ausländischen Herstellern?
Glücklicherweise war damit die Information auf der Autoseite auch schon erschöpft. Interessanter wurden die nachfolgenden Artikel der Freizeitseiten jedoch leider auch nicht. Weiter ging es nämlich mit Rezepten für die Vorweihnachtszeit. Heute: Spanferkeltbäckchen mit Salzkartöffelchen. Alles so unschuldig verniedlicht. Spanferkelbäckchen? Wer denkt jetzt nicht auch an Kleinkinder, denen man gerne über die Wange streichelt, wenn sie sanft schlafend im Arm liegen. Das Schweinebaby war dann auch schnell tot als der Bolzen das Köpfchen traf. Der Kochkünstler, grinsend unter dem Rezept abgebildet, wird sein Handeln kaum hinterfragen. Schließlicht geht es um vorweihnachtlichen Genuss und nicht um das Schicksals des kleinen Ferkels. Wo war doch die Grenze der eigenen Vorlieben? Da wo andere deswegen leiden oder gar umkommen. Kein Problem, war ja nur ein Tier.
Eigentlich hätte ich nun zur Rotweinflasche greifen müssen aber dafür war der Tag noch zu jung. Meine Frau wartete schon im Restaurant zum Mittag auf mich. Und ich? Mit dem ÖPNV in die Stadt oder eigene Anreise im gehassten Diesel? Für langes Warten an den Haltestellen fehlte mit jetzt die Muße für die Suche nach den FairTrade Wollunterhosen. Ich nahm den Transporter, Diesel, halbvoll, nur noch knapp 600 Kilometer Reichweite. Der Stand der Tankuhr war für heute jedenfalls uninteressant.
Interessant waren da schon eher die Mitarbeiter des städtischen Gartenbauamtes, die das unliebsame Laub von den Bürgersteigen entfernten. Zu Dritt, mit benzingetriebenen Laubbläsern. Jeder hatte einen. Ich beobachtete die Szene aus dem Fenster des Restaurant heraus, wo wir erwartungsvoll auf unsere fleischlosen Burger warteten. Köstlich.
Der Klimaschutz ist für uns alle existenziell. Für mich liegt der Stein der Weisen aber weniger in kollektivem Individualverkehrs-Bushing und Tempo-30-Gängelungen in Großstädten. Ebenso wenig im subventionierte Kauf von akkuschweren eMobilen oder immer sinnloseren Verschärfungen von EU-CO2-Grenzen für Neufahrzeuge. Fachleute sehen da auch eher die Verantwortung bei der Industrie und Energiebereitstellung. In Brüssel scheinen nun einige Beamte aus dem Tiefschlaf zu erwachen. Die EU-Parlamentarier diskutieren bereits eine Verschiebung des Verbrennerverbots für Neufahrzeuge.
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