Reif für den Papierkorb – Autotestberichte im Fokus

von Kowalski | am 2 Mrz 2014

Wenn wir uns heute mit Autotestberichten beschäftigen, können wir schnell feststellen, die Ergebnisse werden immer sehr kontrovers diskutiert. Die Gewinner fühlen sich bestätigt und die Unterlegenden verstehen die Welt nicht mehr. Während die Käufer von PKW der Plätze eins und zwei die Zeitung nach dem Studium des Fazits beruhigt zur Seite legen, schwören sich die Käufer der Fahrzeuge der letzten Plätze, diese Testzeitung am liebsten sofort in den Papierkorb zu werfen.

Testberichte fällen die Wahl für ein Produkt. Der Käufer investiert nicht in ein Testobjekt, er will bereits wissen was ihn erwartet. Da wird die Kaffeemaschine getestet, wie auch der Fernseher oder die Waschmaschine. Wir glauben diesen Testberichten aus anerkannten Fachzeitschriften, letztendlich entscheiden wir uns für oder gegen ein Produkt. Das gilt insbesondere für Käufe, die einen erheblichen finanziellen Aufwand bedeuten. Die Anschaffung eines Automobils stellt so einen erheblichen Aufwand dar. Hier verlassen wir uns nicht nur auf Sprüche oder kurze Sätze aus dem Freundes- und Bekanntenkreis oder was wir selbst während einer kurzen Probefahrt erleben durften. Testberichte in Fachzeitschriften geben Ausschlag für eine Entscheidung. Unbestritten deswegen, weil wir von der Neutralität der Tester ausgehen. Die entscheidende Frage, die sich uns stellt, ist allerdings: Ist die angenommene Neutralität begründet? Nimmt die Industrie auch wirklich keinen Einfluss auf die Testergebnisse? Klares Ergebnis, die Redaktionen diverser Fachzeitschriften nehmen, wohlwollend unterstützt durch einzelne Hersteller, Einfluss auf das Kaufverhalten der Leserschaft. Das geschieht heute nicht mehr durch die zahlreich in einem Heft geschalteten Anzeigen bestimmter Produkte eines Herstellers, sondern eher durch die massive Präsenz bestimmter Marken in dem redaktionellen Teil einer Fachzeitschrift. Dabei sind es nicht nur neue Autos oder Testberichte in denen bestimmte Produkte häufig vertreten sind, sondern auch Zubehör wird häufig zusammen mit bestimmten Automarken präsentiert. Selbst die Zeichner von Cartoons zeichnen häufig Modelle eines bestimmten Herstellers. In einer wahllos herausgegriffenen Fachzeitschrift waren dann auch von 90 Gesamtseiten auf nicht weniger als 17 teils vollen Seiten Produkte eines Herstellers vertreten. Hier kann beim besten Willen nicht mehr von journalistischer Neutralität gesprochen werden.

Neben dem gewonnen Eindruck verlorener Neutralität, wenden wir uns nun den Bewertungskriterien der Vergleichstests zu.

Wir erinnern uns. Entweder Bestätigung oder Papierkorb. Die mit den Tests beschäftigten Journalisten der Fachzeitschriften bewerten die Testkandidaten nach Punktetabellen. Die Standards dieser Tabellen werden durch die Journalisten selbst festgelegt, und zwar von jeder Redaktion einer jeden Fachzeitschrift für sich. Ein Bewertungsstandard, allgemein gültig für alle Fachzeitschriften, existiert nicht. Das macht es für den Leser schwierig, Ergebnisse vergleichen zu können. Fehler in der Bewertung zu erkennen, ist damit fast unmöglich. Einzig wirklich offensichtliche Fehler können erkannt werden, wenn sich der Leser die Mühe macht, den vollständigen Test genau unter die Lupe zu nehmen. Beispiel: Bei einem Testkandidaten wurde der günstige Listenpreis nicht hoch bewertet weil die Konkurrenten ein Navigationsgerät serienmäßig eingebaut hatten. Dem preisgünstigen Testwagen wurde das Werksnavigationsgerät aus der Aufpreisliste zugefügt und zu dem Grundpreis addiert. In der Bewertung der Ausstattung der Testkandidaten wurde dann das nachgerüstete Navi jedoch nicht gewertet. Dem preisgünstigen Testkandidaten entgingen also Wertungspunkte im Listenpreis und in der Ausstattung. Zu solchen handwerklichen Fehlern kommen dann noch rein subjektive Bewertungen hinzu, wie Raumgefühl oder die Anmutung der Innenausstattung. Der Wert solcher Vergleichstests tendiert gegen null. Schlimmer noch. Die Redaktion hat im Gegensatz zu Teststiftungen ohne Verbindung zur Industrie, die Möglichkeit, ihre eigenen Teststandards nach den Gegebenheiten ihrer Günstlinge auszurichten.

Was bleibt für den mündigen Leser daher zu tun? Solange keine für alle seriösen Fachzeitungen gültigen Teststandards existieren, werfen besser alle Leser die Tests in den Papierkorb und überlassen es den Hochglanzprospekten der Hersteller, für ihre Produkte zu werben.


Themen: Allgemein

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