Magersüchtig

von Kowalski | am 28 Sep 2014

EcoBoost im Mustang

Gespannt erwartete die Mustang-Fan-Gemeinde die ersten Fahrberichte des neuen Mustang 2015. Nach dem Produktionsstart in Flat Rock, Michigan, war zu erwarten, das die Redakteure diverser Fachzeitschriften endlich ein Statement zu Fords globaler Sportmaschine abgeben würden. In der Eile der Zeit war ein echter Test nicht zu erwarten, sondern nur ein Überblick, ein Anreiten sozusagen. Zuerst ging man ums Auto herum und betrachtete die Form. Eine gefällige, gestreckte und fließende Form. Sportlichkeit mit Gesicht und ausladenden Hüften, die brachiale Sportlichkeit suggerieren. Völlig klar, das diese Form Erwartungen hervorruft, die nur mit dem 5.0 Liter V8 befriedigt werden können. Die beiden übrigen zur Auswahl stehenden Motorisierungen sind halt die Secretary Version oder Leihwagengrundmotorisierung.

Der V6, obwohl schon deutlich kultivierter und mit 300 PS sicher nicht schlapp dahersäuselnd wurde seit 2011 kaum weiterentwickelt. Die zuverlässige Maschine bildet daher auch die Standratbefeuerung des S550. Ein V6 EcoBoost wie in diversen anderen Ford-Modellen eingesetzt, machte im Mustang keinen Sinn. Amerikaner stehen turboaufgeladenen Maschinen noch immer eher skeptisch gegenüber. Um außerhalb der USA jedoch punkten zu können, entschloss sich Ford im Zuge des Downsizing für vier Zylinder als Antrieb für den Mustang, den viele immer noch für ein echtes Musclecar halten. Die Mustanggemeinde erschrak bis ins Mark und versucht diese Motorisierung schlicht zu ignorieren. Eine Mustang mit vier Zylindern ist wie Bier ohne Schaum, ohne Sinn, ohne Spass und nichts für echte Kerle. Obwohl schon tausendfach bewiesen, wird die Zuverlässigkeit von aufgeladenen Maschinen in Frage gestellt, die Laufkultur und vor allem der Sound. Eine Mustang, der sich wie ein japanisches Familienauto anhört? Nein, nur das nicht.

Ergo, getestet wird der V8, der für die Fangemeinde einzig legitime Antrieb für einen Mustang. Zugegeben, das macht die Coyote Maschine sehr gut. Die 427 PS (529 Nm – 1683 kg) sorgen für einen adäquaten Vortrieb, der die Fuhre in knapp fünf Sekunden auf 100 km/h beschleunigt und  stürmisch in den Begrenzer von 250 donnern läßt. Gut aber nicht gut genug. Schließlich hatte damit der direkte Vorgänger auch kein Problem. Bis auf Kleinigkeiten im Ansaugtrakt und vergrößerten Ventilen wurde schließlich auch im Mustang V von 2014 die 5.0 Liter Coyote Maschine verbaut. Der entscheidende Vorteil liegt heute im Fahrwerk. Die Starrachse ist nun endliche Vergangenheit. Einzelradaufhängung an dem komplett neuen Fahrwerk sorgt für Ruhe auf Querrillen und treibt keinem Mustangpiloten mehr die Schweißperlen ins Gesicht wenn er auf kurvigen Strecken dem Pony die Sporen gibt. Wir wollten einen Mustang den jeder fahren kann. Die Lifestyle Dame, wie der Familienvater oder der ambitionierte Sportwagenfahrer, sagte mir im Winter letztens Jahres ein Ford Testwagenfahrer. Das scheint gelungen. Die US-Tester sind jedenfalls begeistert. Der S550 liegt sauber auf der Straße und meistert selbst anspruchsvolle Rundkurse souverän. Das ganze dann noch sauber verpackt mit einer durchweg guten Verarbeitung. Diese sorgt im Innenraum für viele liebevoll gestaltete Details und lässt erahnen, hier gab sich Ford Mühe, den ramponierten Qualitätseindruck vergangener Tage wieder auf Augenhöhe mit europäischer Konkurrenz zu heben.

Will sich der Mustang neben einem auf Höhe der Zeit angekommenen Fahrwerk und sehr guter Verarbeitungsqualität auch im Antriebsbereich mit der etablierten Konkurrenz messen, braucht er eine wirtschaftliche Kraftquelle.  International in den letzten Jahren ununterbrochen ausgezeichnet schlägt daher nun auch im Mustang ein EcoBoost-Herz und versorgt das schmucke Coupé mit ausreichend Kraft. 309 PS und 407 Nm (1599 kg) sorgen dabei für einen Antrieb, der auf dem Niveau von vergleichbaren Sportcoupés deutscher Hersteller liegt. Dabei liefert der 4-Zylinder seine Kraft schon aus niedrigen Drehzahlen gleichmäßig über ein breites Drehzahlband ab. Es gibt noch keine exakten Durchzugswerte im Vergleich zum V8, einzig gesichert sind die 235 km/h Endgeschwindigkeit und der Spurt auf 100 km/h in knapp 6 Sekunden. Für sparsames Nippen aus dem Kraftstoffvorrat ist übermäßiges rühren in dem exakten und leichtgängigen Getriebe nicht notwendig.  Durchschnittliche Verbrauchswerte von unter 10 Litern sollen demnach möglich sein. Das alles beeindruckt die Mustanggemeinde bisher herzlich wenig aber der Mustang ist nun Welt-Auto und es sollen neue Käufer angesprochen werden. Hierfür braucht es Alternativen zu der uramerikanischen V8-Motorisierung. So eine Alternative ist der EcoBoost und damit absolut legitim, auch im Mustang.


Themen: Allgemein

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