Text und Bilder von Jan Reiff.
… ich besitze meinen Gen6 seit Ende März 2015. Das war also einer der ersten seinerzeit, ein Mustang aus dem Produktionsmonat Oktober 2014, US Import.
Soweit so gut.
Dadurch war der Wagen früh auf Treffen, u.a. das monatliche US Car Treffen in Offenburg. Vom ersten Treffen an, sah ich dort einen älteren Herrn. Ich will ihn so beschreiben: eine Mischung aus Peer Augustinski und Richard Gere. Ein eleganter Mensch, kultiviertes Auftreten, kultivierte Sprache. Er kam immer mit seiner Familie. Frau, Sohn sowie dessen Frau.
Nun war es so, dass diese Truppe meist um meinen Mustang stand, und auch viel fragte. „Er überlege sich aktuell, einen Mustang zu kaufen – bisher war das nie wirklich ein Thema, aber jetzt, mit dieser Designsprache …”
Es war klar, dieser Mann würde sich keinen Gen5 kaufen wollen, es sollte der Gen6 sein. Warum – weil der Gen6 eben genau wieder jener Mustang ist, der die „native“ Ford Mustang DNA hat:
ein schönes Auto, elegant, sportlich, angelehnt an „European Cars“, aber eben mit der eigenen Designsprache. Kein Muscle Car und dieses ganze Gewäsch.
Das war auch kein Ford Kunde, der sich Import und Umbau antun wollte. Wofür auch? Das interessiert seit 50 Jahren auch die US Kunden nicht.
Das war auch kein Mustang Fan der den Wagen dafür kauft, ihn jeden Monat umzubauen. Wozu auch?
Dieser ältere, kultivierte Herr also, kam danach ein ganzes Jahr zu diesem Treffen, tauschte sich aus, mit der Szene.
Bis zu dem Tag, als er „plötzlich“ mit seinem eigenen Mustang vorfuhr, ein Gen6, EU, Magnetic, ohne Umbauten.
„Just natural born“. Bis heute.
Für mich DAS Bild, das sich am meisten eingeprägt hat, wenn ich an Gen6 denke. Das war wieder das Mustang Feeling der 60er.
Fahrkultur. Style. Keinerlei Anzeichen von prollig oder flegelhaft.
Ein Mann, der sich einen Traum erfüllt hat, ohne die Showbühne zu brauchen, ohne Krawall machen zu müssen.
Und trotzdem hat sein Erscheinen mehr Charisma als alle bedauernswerten Tunerkarren und deren Besitzer, die wir mittlerweile ertragen müssen.
Dieses eine Jahr, … wie er die Autos ansah…, das Funkeln in seinen Augen, wie gerne wäre ich dabei gewesen, als er seinen Mustang abholte. Ein Mann, der niemals auch nur einen Aufkleber aufs Auto kleben würde, ein Mann der seinen Platz im Leben gefunden hat, selbstbewusst, ohne diesen Hang mehr sein zu wollen als er ist.
Er kam dann auch zu dem US Car Treffen in Rust, parkte etwas abseits, ich beobachtete ihn, er schloss seinen Mustang ab, frisch gewaschen, ein wie gesagt wunderschöner, unverbauter Magnetic. Jetzt wartete ich darauf und natürlich passierte es: er drehte sich nochmal nach seinem Mustang um. Enthusiastenwelt pur.
Mein Beispiel, dass Individualität nicht das Bekleben mit hässlichen Plotterdruckfolien ist oder BMW Tuner Felgen mit möglichst grellem „RTL II“ – Auftreten. Sondern die Individualität ist der Owner! Dieser Mann war kein Mainstream. Im Gegenteil. Mainstream sind die, die jeden Trend mitmachen, und sich selber anlügen, individuell sein zu „müssen“, um aus ihrer Spießigkeit auszubrechen.
Ein Auto wie ein Mustang wird nie individuell sein, dafür ist es zu sehr Massenware aus reiner „Hardware” Sicht.
Der Mustang ist hier mittlerweile ein Ford Model ähnlich normal wie ein Fiesta. Wir haben also zum ersten Mal ganz einfach … amerikanische Verhältnisse. Und trotzdem hat er sich vor allem in den USA zu der Auto-Kultmarke überhaupt entwickelt. Dabei bringt nicht unbedingt die Reduktion das „Besondere“. Es ist Design, Marke, Tradition und pures Lebensgefühl. Das gilt es zu erhalten. Die Rolling Stones verkaufen auch mehr Platten als Indie Bands, sind purer Kommerz und doch Ikonen und Legenden für die Ewigkeit.
Ekelhaft würde es erst dann, wenn die Stones plötzlich HipHop Kleidung tragen und sich der Jugend anbiedern, so wie es gerade mit dem Gen6 passiert, bei dem wir peinliche Foliendrucke mit vorpubertären Motiven (z.B. Hoonigan, Monster usw.) und BMW Tunerfelgen Orgien ertragen müssen – dazu einen Dauerbeschuss von “Eye Alter alles cool” Tuner Video Blogs mit “Eye Alter alles cool” hipper Kindermusik…
Das Individuelle sind die Menschen dahinter. Und die müssen authentisch sein. Man wird nicht individuell oder „US Car Owner” in dem man sich Cowboy Hütte aufsetzt, oder denkt man sei Ken Block und klebe sich dessen Werbebanner aufs Auto. Texaner haben Cowboyhütte. Alle anderen machen Karneval.
Interessant – mal kurz weg vom Thema: schonmal aufgefallen, … dass die meisten ihre Autos nur außen “tunen”, selten innen veredeln. Ein Zeichen dafür: es geht nur um billige Effekthascherei. All das was gar nicht Mustang typisch ist, denn das Schönste mitunter der so geliebten “alten” Mustangs ist das Interior, aber da wird kaum Wert darauf gelegt, wenn man in jene Bonbon Autos schaut, Hauptsache auf der Proll Meile Punkte sammeln.
Zurück zum Hero: es bleiben Geschichten und Geheimnisse. Ich habe den Mann nie wirklich gefragt, warum es ein Mustang sein sollte. Ich will es auch nicht wissen. Es ist auch egal – es macht die Sache spannender, es nicht zu wissen. Aber, kaum jemand passte je besser zu dem Mustang als dieser Mann.
Ein komplett anderes Beispiel vor einem Jahr in Frankreich, ich war auf dem Weg zu einem Triumph Store, dort kommt man an einigen Car Dealern vorbei, eben auch an einem Ford Store.
Bin dort kurz angehalten. Eine junge Frau holte dort einen schwarzen Gen6 ab, war wohl grade die Übergabe. Diese Szene glich einem Fotoshooting. Man stelle sich ein Victoria Secret Model in knallenger Jeans und schlichtem weißen T-Shirt vor, kräftige, wunderschöne Haare, eine Frau zum Niederknien, Style, Eleganz, Schönheit.
Die Frau stieg dann freudestrahlend in diesen Mustang ein. In diesem Moment war die Welt für mich schwer in Ordnung.
Warum erzähle ich das? Nun ich wurde belohnt: kürzlich sah ich sie wieder, keinen Deut hässlicher geworden… Beide. Die Lady, und der Mustang, zugegeben bis auf die Spurverbreiterung, sonst 100% natural.
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